Können wir kurz über Marktforschung sprechen?
Fast alle Marketing-Lehrbücher sprechen zu Beginn über Marktforschung, und das aus gutem Grund. Denken wir an die Geschichte des Marketings: Marketing wurde von Unternehmen erfunden, die Fabriken hatten und größer werden wollten. Sobald eine Fabrik zum Beispiel blaue Produkte herstellte, war das wichtigste Ziel, so viele wie möglich davon zu verkaufen. Denn sobald die Fabrik läuft, kostet jedes weitere Produkt sehr viel weniger. So kommt man zum Massenmarketing.
Der nächste Schritt war dann herauszufinden, welches andere Produkt man noch herstellen könnte. Wenn die Fabrik bereits blaue Produkte herstellt, ist es kein großer Aufwand, auch noch gelbe zu produzieren. Der Kapitalismus verlangt, dass die Fabrik immer ausgelastet ist und anschließend eine neue gebaut wird. Das war die Aufgabe des Marketers: Finde heraus, was der Markt will, beweise es, und wir stellen es her. Es gab eine Zeit, in der das funktionierte. Fokusgruppen, Marktforschung, Statistiken – all das half dabei, Einblicke in den Markt zu gewinnen und zu verstehen, was verkauft werden konnte. Das Problem war nur: Dem Marketer war es eigentlich egal, was diese Menschen brauchten – er wollte nur, dass sie kauften. Punkt. Finde ein Bedürfnis und fülle es. Finde eine Marktlücke und bediene sie.
Hier ist, was sich geändert hat:
- Alle einfachen Marktlücken sind bereits gefüllt. Die offensichtlichen Bedürfnisse, wie "Oh, in Baden-Württemberg gibt es keine gelben Produkte, lasst uns gelbe Produkte herstellen" – diese Zeiten sind vorbei. Die einfachen, offensichtlichen Chancen sind genutzt worden.
- Kultur bestimmt heute den Erfolg im Marketing viel mehr als früher. Kultur beeinflusst, wie Gruppen von Menschen handeln, mehr als je zuvor. Menschen erkennen oft erst, dass sie etwas wollen, wenn es bereits auf dem Markt ist und durch die Gemeinschaft bekannt geworden ist. Hast du dich auf Facebook angemeldet, weil du eine Werbung gesehen hast? Oder weil ein guter Freund oder eine gute Freundin dir davon erzählt hat? Das heißt, Menschen wissen nicht von Anfang an, dass sie dein Produkt wollen. Sie wissen es erst, wenn ihre Freunde darüber sprechen oder es empfohlen wird. Daher funktioniert die einfache Frage: "Was würdest du gerne haben?" heute nicht mehr so gut. Die meisten Menschen wissen nicht, was sie wirklich wollen, denn das hängt stark von ihrem Umfeld ab.